Auf Einladung von Frau Roll von der Wäschenbeurener VHS versammelte sich am Samstag eine Gruppe von Bürgern am Marktplatz, um an einer Ortsführung – vom Markplatz bis zur Turnhalle – teilzunehmen, die von Heimatbuchautor Peter Schührer geleitet wurde. Einleitend wies er darauf hin, dass alles, was er zu erzählen habe, in seinen drei Heimatbüchern stehe. Wer sie alle gelesen und sich alles gemerkt habe, erfahre nichts Neues.. Begangen wurden auf dem Weg durch den Ort ein kleines Stück Seestraße: die Prof.-Kuhn-Str. und die Bahnhofstraße. Da es zu jedem Haus etwas zu erzählen gab, legte man in eineinhalb Stunden nur wenige hundert Meter zurück, denn es gab viele Fakten zu berichten und Geschichten zu erzählen. Ergänzend zeigte Peter Schührer auch einige dazu passende historische FotosSo war die Rede vom Haus Weber, das 1926 erstellt wurde und das gegenwärtig einer Sanierung unterzogen wird. Weil Küfer Karl Weber dieses große Haus baute und dazu noch in den dreißiger Jahren das Haus am Ortsausgang erwarb, dem eine Landwirtschaft angegliedert wurde, wurde er im Ort der „Millionaküfer“ genannt. In dem Haus lebten und arbeiteten Jahrzehnte lang zwei Söhne, der Sattler Weber und der Küfer Weber. Der Küfer Weber betrieb auch noch ein Fahrrad- und Radiogeschäft und eine Mietwaschküche. Als der vor dem Haus verlaufende Krettenbach, im Ort meist „Katzabach“ genannt, verdolt war, kam noch ein Tankstelle hinzu. In den fünfziger Jahren riss ein zur Schlachtung in der Metzgerei „Germania“ vorgesehener Bulle aus und donnerte durch das Schaufenster des Radiogeschäfts Die NWZ schrieb darüber mit der Überschrift „Bulle im Radiogeschäft.“Der „Katzabach“ lief von der „Wette“ durch den Gang des Gasthauses „Hirsch“, wo er mit Dielen überdeckt war, hinter der „Germania“ und vor dem Hause Weber durch der Ortsmitte. An die „Wette“, den Feuersee, erinnern noch die Bezeichnungen Wetta-Beck und Wette-Kaißer. Als 1916/17 Wäschenbeuren an die Landeswasserversorgung angeschlossen wurde, hatte der Feuersee, der von den Dorfkindern im Winter als Schleifetse genutzt werden konnte, ausgedient. Mündlich überliefert sind zwei Todesfälle. Um 1900 stürzte sich ein Bauer, dessen Anwesen beim Dreschen mit der Dampfdreschmaschine in Flammen aufgegangen war, in den Teich. Ein Mädchen, das mit schweren Brotlaiben beladen über ein über die „Falle“ gelegtes Brett gegangen war, bekam das Übergewicht und ertrank.Das Gasthaus „Hirsch“ sank am 19. April 1945 wie 117 weitere Häuser in Wäschenbeuren in Schutt und Asche. Das Wirtshaus war eine Wäschenbeurener Institution . Im Saal des „Hirsch“ trainierten im Winter die Fußballer, drehten die Kunstradfahrer des Radfahrvereins ihre Runden und übten sich die Zimmerschützen in der Schießkunst. In den acht Fremdenzimmern kamen oft Handwerksburschen auf der Walz unter. Vorsichtshalber wurde das Übernachtungsgeld von 80 Pfennig vorab kassiert.Als der Sohn des Hirschwirts, Vitus Schmid; nach dem Krieg heimkehrte, wollte er eine Heimstätte für seine Familie schaffen. Er baute auf der stehen gebliebenen Grundmauer eines Nebengebäudes eine Baracke. Als der stellvertretende Bürgermeister Deibele den Bau einstellen wollte, bedeutete ihm der Bauherr: “Nur über meine Leiche!“ 1948 konnte die Familie einziehen, Und nun steht das Provisorium siebzig Jahre und erinnert an die schwierigen Nachkriegsjahre.Informationen gab es auch über das Haus, in dem Frau Müller mehr als 20 Jahre ihren Laden und die Poststelle betrieben hatte, und über die Schmiede Schweicker und Kolb. Der Farrenstall wurde 1948 als erstes öffentliches Gebäude erstellt. 1978 wurde die Farrenhaltung eingestellt und die künstliche Besamung eingeführt. Im Jahr darauf brannte das Bauernhaus Mangold und die Bauernfamilie konnte für einige Zeit ihre geretteten Kühe dort unterbringen. Danach diente der ehemalige Farrenstall als Bauhof der Gemeinde. Nicht ausgelassen wurden das nicht mehr bestehende Haus der „Limonadkaißere“ Walburga Kaißer, die noch mit über neunzig ihren Laden betrieben hatte, der Konsum, der von 1953 bis 1965 im Haus des „Kuhnaschneider“ untergebracht war, die Spar- und Darlehnskasse, ab 1971 zur Volksbank Göppingen gehörig, die von 1967 bis 2000 an der Bahnhofstraße bestand, die ehemalige Post im Hause Beck, die 1953 ins neuerbaute Rathaus zog, und die Molke, die von 1934 bis 1980 bestand.Noch 1965 gab es 70 landwirtschaftliche Betriebe in Wäschenbeuren, die dort ihre Milch ablieferten. Die Kunden konnten dort gekühlte Milch in der Milchkanne holen, Schlagrahm und ein paar Käsesorten kaufen. Ein reges Leben herrschte abends an der Molke, wenn die jungen Leute sich nach der Milchablieferung noch längere Zeit dort aufhielten. So soll die Molke als Wäschenbeurener Eheanbahnungsinstitut gedient haben.Am Hause des Zahnarztes Käßer vorbei, in dem heute die 90-jährige Fotografin Gundel Kilian lebt, ging es noch zur ehemaligen Bahnhofs-Restauration, in der eine Zahnarzt-Praxis untergebracht ist. Diese hatte der Kronenwirt Mühleisen zeitgleich mit dem Bahnhofsbau gebaut und seine „Krone“ verpachtet. Alle in Faurndau oder Göppingen beschäftigten Arbeiter fuhren damals mit der Bahn, und manche kehrten nach der Heimfahrt dort ein; besonders am Wochenende, wenn sie den Zahltag im „Gückle“ mit sich führten. Nach dem Krieg führte die Tochter des Kronenwirts zusammen mit ihrem Mann, Josef Kleinknecht, der von 1949 bis 1956 Rektor in Wäschenbeuren war, die Wirtschaft. Als Lehrer soll er streng gewesen sein, als Gastwirt, der sich auch öfters ans Klavier setzte, habe er gelacht. Auf Drängen des Schulamts musste der Rektor ab 1957 auf seine Gastwirtstätigkeit verzichten. Um die Konzession nicht zu verlieren, wurde nur noch einmal jährlich, am Pfingstmarkt, geöffnet.Am ehemaligen Bahnhof, der seit 1991 als Kindergarten dient, endete die Tour. Wegen des zunehmenden Regens verzichtete der „Ortsführer“, im Einverständnis mit den Teilnehmern, auf den Gang zur Turnhalle.